Samstag, 5. Mai 2007
Heuchelei
hotgun, Samstag, 5. Mai 2007, 09:09
Die Koalition feiert einen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Welche Heuchelei. Die wirklichen Arbeitsplätze schrumpfen weiter, wie ein Blick in die etwas tiefer vergrabenen Statistiken der BA und des Stat. Bundesamtes beweist. Von den knapp 39,9 Millionen ausgewiesenen Arbeitsplätzen sind nur 21,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Vollzeitjobs. Feiert die Regierung den Sieg, dass es ihr gelungen ist, über 18 Millionen Jobs einzurichten, die keine Jobs sind, weil man von der Entlohnung nicht leben kann? 7.124.076 Leistungsempfänger des SGB II weist die Arbeitsmarktstatistik der BA für April aus, davon 5.204.567 Empfänger von ALG II und 1.919.509 Empfänger von Sozialgeld. Nicht aufgeführt sind Arbeitslose nach dem Rechtskreis des SGB III, Arbeitslose, denen Leistungen verweigert werden, wegen Sanktionen oder angeblicher eheähnlicher Gemeinschaft etc.

Die Dunkelziffer des letzgenannten Personenkreis ist bestimmt weitaus höher als in der BA Statistik. Darunter fallen z.b alle älteren Arbeitnehmer deren (Ehe) Partner (Nach BA Ermessen) zuviel verdient oder die ganz einfach ein Haus besitzen was als Vermögensaufbau in ordentlichen Zeiten gedacht war.

Das IAB hat in einer Studie festgestellt, dass die Arbeitsgelegenheiten des SGB II in erheblichem Umfang sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichten und in der Mehrzahl der Fälle die gesetzlich vorgeschriebene Einschränkung, “zusätzlich und gemeinnützig” nicht beachtet wird. Das ist nur einer von vielen bewusst begangenen Rechtsverstößen der Arbeitsbehörden. Die damit verbundene Statistikfälschung wird von der Koalition als Sieg gefeiert. Das ist der Rechtsstaat Deutschland! Über 300.000 Menschen werden in der Statistik der BA als in ABM-Maßnahmen und Arbeitsgelegenheiten ausgewiesen und damit aus der Stistik entfernt, obwohl sie arbeitslos sind.

Mit der Hartz-Gesetzgebung wurde ein System eingeführt, mit dem die Unfähigkeit der Arbeitsmarktbehörden durch die Hinzuziehung weiterer Behördenmitarbeiter ohne jede Vorkenntnis der Materie noch verstärkt wurde. Ein flüchtig zusammengeschustertes Gesetzeswerk, für dessen Verständnis selbst Juristen Monate brauchen, wurde den Behördenmitarbeitern in wenigen Tagen vermittelt. Dann wurden sie auf die Betroffnen losgelassen. Der Experimentierfreude der Behörde wurden offensichtlich keine Grenzen gesetzt, wie die vielen anhängigen Klagen beweisen, obwohl wohl eine Mehrheit der Betroffenen nicht den Mut zur Klage aufbringt.

Ein Blick auf die Instrumente von Hartz IV. Jeder Betroffene soll eine Eingliederungsvereinbarung (EV) unterschreiben, in der die Rechte und Pflichten zwischen den beiden Vertragspartnern (BA und Arbeitsloser) fixiert werden, das Prinzip des Förderns und Forderns. Offensichtlich wurde das Fördern aber von den Behörden falsch verstanden, denn nicht staatlicher Sadismus sollte gefördert werden, sondern die Wiedereingliederung des Arbeitslosen in eine versicherungspflichtige Beschäftigung. So zumindest wurde es von der Regierung dargestellt, aber die internen Dienstanweisungen scheinen anders zu sein. Jeder EV soll ein intensives “Profiling” vorausgehen. Es ist schon ein Witz, dass Behördenmitarbeiter, schon mit ihrer normalen Arbeit hoffnungslos überfordert, ein Profiling durchführen sollen, obwohl sie dazu weder ausgebildet noch fähig sind. Aus dem Resultat des Profilings sollen die Vorgaben der EV erstellt werden. Inzwischen ist bekannt, dass eine Vielzahl der Fallmanager erst gar nicht den Versuch unternimmt, ein Profiling durchzuführen. Sie erstellen eine EV und verlangen eine Unterschrift unter der Androhung von Sanktionen, falls der Betroffne nicht unterschreibt. Sanktion bedeutet Leistungskürzung, damit Unterschreitung des Existenzminimums, nach der Verschärfung der Hartz-Gesetze bis zu völligen Streichung der Transferleistung. Die Konsequenz solcher Maßnahmen konnte man gerade in Speyer sehen, wo die ARGE in Anlehnung an Münteferings Aussage: “Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen”, einen vollen Erfolg verbuchen konnte. Wie ist das, Herr Müntefering, sind Sie stolz auf das Ergebnis ihres Zynismus? Doch zurück zur EV. Es ist ein sehr einseitiges Vertragswerk und kann nur als sittenwidrig bezeichnet werden. In der EV wird seitens der Behörde nur gefordert. Von Fördern keine Spur. Unterschreibt der Betroffene nicht, streicht man ihm einen Teil der Leistung und ersetzt die EV durch einen Verwaltungsakt. Daraus wird das Rechtsverständnis der Behörde und natürlich des Ministeriums von Herrn Müntefering ersichtlich. Ein unter Zwang entstandener Vertrag ist ein Grundrechtsverstoß, mit voller Absicht in dieser Form vom Gesetzgeber eingeführt. Gegen die EV ist kein Widerspruch möglich, wie das bei einem Verwaltungsakt der Fall wäre. Weil die Beförderung der Richter vom Wohlwollen der Politik abhängig ist (so viel zur Gewaltenteilung), hat bisher noch kein Richter wegen dieses Verfassungsverstoßes das BVerfG angerufen. Der Umstand, dass die EV durch einen Verwaltungsakt ersetzt wird, ist aber ein klares Indiz, “dass die EV als Vertrag vom Ministerium als Instrument der Sanktionierung” in dieser Form im Gesetz verankert wurde. Rechtsstaat Deutschland??!!

Ein weiteres Instrument von Hartz IV ist die als “Arbeitsgelegenheit deklarierte Zwangsarbeit.” Die Arbeitsgelegenheit, besser bekannt unter der Bezeichnung Ein Euro Job (EEJ), soll der Wiedereingliederung des Arbeitslosen dienen, indem sie ihn wieder an ein geregeltes Leben gewöhnt. Schon diese Aussage ist purer Zynismus. Ein Blick auf die Praxis zeigt die wahren Hintergründe. Wird ein Betroffener dazu “abgestellt”, einen EEJ anzunehmen, hat er wiederum keine Einspruchsmöglichkeit. Lehnt er ab, wird er mit einer Kürzung seiner Transferleistung sanktioniert. Nun soll der EEJ ja der Wiedereingliederung dienen, indem sie ihn wieder an ein “geregeltes Leben” gewöhnt. Hat er also die Zeit mit einem EEJ hinter sich gebracht, müsste er, wieder an ein geregeltes Leben gewöhnt, nun in den 1. Arbeitsmarkt integriert werden. Nichts dergleichen! Er bleibt arbeitslos und wird damit wieder “entwöhnt”, denn die freien Stellen des 1. Arbeitsmarktes bleiben der BA-Zentrale vorbehalten, die die ALG I-Empfänger betreut und zur Vermeidung der “Strafgebühr von rund 10.000 �” an das Finanzministerium pro nicht vermitteltem ALG I-Empfänger sich die Vergabe der Sozialversicherungspflichtigen Jobs vorbehält. Nur am Rande sei vermerkt, dass diese Strafgebühr die Veruntreuung von Versicherungsgeldern und damit ein Rechtsverstoß ist. Rechtsstaat Deutschland??!! Mit den EEJ werden nicht nur Steuergelder verschwendet, weil der Beschäftigungsgeber bis zu 500 � aus Steuergeldern an Zuschuss bekommt (neben einem quasi kostenlosen Zwangsarbeiter), es werden auch reguläre Arbeitsplätze vernichtet. Nur Arbeitsplätze al Folge dieser Zwangsarbeit gibt es keine. Aber was tut das Ministerium für Arbeit nicht alles, um die Statistik zu schönen und, als zusätzlichen Effekt, durch die Einbeziehung der Aufwandsentschädigungen für die EEJ in die Berechnung des Durchschnittseinkommens auch noch die Renten kürzen zu können (indirekt durch Nullrunde und spätere Senkung einer Rentenerhöhung). Keiner der EEJ’s ist zusätzlich oder gemeinnützig. Sie dienen ausschließlich der Vernichtung regulärer Arbeitsplätze, der Verhinderung einer dem BIP und vor allem den Unternehmensgewinnen angemessenen Lohnentwicklung, indem man der Wirtschaft die Möglichkeit zur Nötigung und Erpressung an die Hand gibt und, als kleiner Nebeneffekt, Herrn Verteidigungsminister Jung zur Rekrutierung von Kanonenfutter, indem man direkt bei den Arbeitsbehörden Infostände der BW mit Heilsversprechen einrichtet und damit Jugendliche in die Falle lockt. Rechtsstaat Deutschland??!!

In der letzten Zeit wird verstärkt seitens der Parteien vor der Erstarkung der Rechten gewarnt. So wie ich das sehe, ist die NPD doch inzwischen links von den Parteien der Koalition angesiedelt, oder sehen Sie das anders? Ist Herr Schäuble nicht gerade dabei, eine neue Gestapo aus BKA und Verfassungsschutz unter Einbeziehung der normalen Polizeibehörden aufzubauen, mit Überwachungsinstrumenten, die bei den noch lebenden Gestapo- oder Stasi-Leuten nur Neid aufkommen lassen kann? Ist die Furcht von Herrn Schäuble (oder auch der Herren Wiefelspütz und Schily) vor möglichem Terrorismus nicht eher die Furcht, die Bevölkerung könnte beginnen, sich zu wehren, weshalb er die BW auch für die innere “Verteidigung” einsetzen will? Mir jedenfalls stellt sich das so dar.

Schaue ich auf die Regierung oder das Parlament, definiere ich für mich den Begriff Prostitution neu. Für mich sitzen die wirklichen Prostituierten auf der Regierungsbank und im Parlament, Menschen, die sich an die Wirtschaft und deren Unersättlichkeit verkauft haben und dafür Verrat und Schlimmeres begehen. Pfui Deutschland!
Quelle/Gesamter Text: www.flegel-g.de

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